Wer schon länger im Arbeitsschutz unterwegs ist, kennt sie noch: die berühmten „G-Untersuchungen“. Jahrzehntelang galten die G-Sätze wie ein Rezeptbuch für alle Gesundheitsfragen im Betrieb. Doch Rezepte ändern sich – heute heißt es: „Goodbye G-Untersuchung, hallo moderne Vorsorge!“
Warum sich vieles geändert hat
Seit 2008 steht nicht mehr die klassische „Untersuchung“ im Mittelpunkt, sondern die arbeitsmedizinische Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Mit ihr hat der Gesetzgeber klar gemacht: Es geht um Beratung, Prävention und partnerschaftliche Begleitung – nicht um Pflichtuntersuchungen nach Checkliste.
Die neuen DGUV-Empfehlungen greifen diesen Ansatz auf und haben die alten G-Nummern als verbindliche Grundlage abgelöst. Statt kryptischer Kürzel gibt es nun klar benannte Vorsorgeanlässe, die sich direkt an der betrieblichen Realität orientieren.
Was das für mittelständische Unternehmen bedeutet
Für viele Betriebe klingt das erst einmal nach Formalitäten, ist aber eine große Chance. Arbeitsmedizinische Vorsorge ist heute ein Werkzeug, um Risiken frühzeitig zu erkennen, Mitarbeitende individuell zu beraten und Arbeitsplätze gesund zu gestalten. Untersuchungen können Teil davon sein, müssen es aber nicht – entscheidend ist das Gespräch: freiwillig, vertraulich und auf Augenhöhe.
Pflichtvorsorge bleibt Pflicht, etwa bei Arbeiten mit bestimmten Gefahrstoffen oder hoher Lärmbelastung.
Angebotsvorsorge muss der Arbeitgeber aktiv anbieten, wenn Tätigkeiten gesundheitlich belastend sein können (z. B. bei überwiegender Bildschirmarbeit).
Wunschvorsorge dürfen Beschäftigte jederzeit einfordern, auch ohne konkreten Anlass.
Häufige Vorsorgeanlässe – gesucht, gefragt, relevant
Hier finden Sie einige Beispiele für arbeitsmedizinischen Vorsorgen, die mittelständische Unternehmen besonders oft betreffen. Die alten G-Nummern dienen zwar vielen Betrieben weiterhin als Orientierung – rechtlich maßgeblich sind jedoch die heutigen Bezeichnungen nach ArbMedVV.
Lärmvorsorge (früher G20)
Ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 80 dB(A) oder einem Spitzenschallpegel von 135 dB(C) muss der Arbeitgeber eine Angebotsvorsorge anbieten. Steigen die Werte auf 85 dB(A) bzw. 137 dB(C), wird eine Pflichtvorsorge fällig. Der Betriebsarzt berät zunächst zu wirksamem Gehörschutz, bewertet die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und führt – mit Einwilligung der Beschäftigten – eine Audiometrie (Hörtest) durch.
Tätigkeiten an Bildschirmgeräten (früher G37)
Für alle, die überwiegend an Bildschirmarbeitsplätzen tätig sind, ist eine Angebotsvorsorge vorgeschrieben. Im Mittelpunkt steht die ärztliche Beratung: Der Betriebsarzt bespricht Sehkomfort, Beleuchtung, Sitz- und Blickhaltung sowie Pausengestaltung und gibt konkrete Tipps für ergonomisches Arbeiten.
Wird bei der freiwilligen Sehprüfung festgestellt, dass eine Bildschirmarbeitsplatzbrille erforderlich ist, stellt der Betriebsarzt eine Bescheinigung aus. Der Arbeitgeber muss diese Brille als persönliches Arbeitsmittel bereitstellen oder bezuschussen.
Gefährdungen der Haut (früher G24)
Pflichtvorsorge bei regelmäßigem Kontakt mit stark hautschädigenden Stoffen wie Lösemitteln, Ölen oder Zement, Angebotsvorsorge unter anderem bei möglichem Umgang. Ziel ist es, Hauterkrankungen und Allergien frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen.
Schweißrauche und Metallstäube (früher G39)
Pflichtvorsorge für Beschäftigte, die regelmäßig schweißen oder mit metallischen Rauchen arbeiten. Die Vorsorge konzentriert sich auf Lunge und Kreislauf und schließt Beratung zu Absaugung, Atemschutz und Arbeitsorganisation ein.
Atemschutz (früher G26)
Pflichtvorsorge bei der Arbeit mit schweren Atemschutzgeräten wie Pressluftatmern, Angebotsvorsorge für leichtere Filtermasken. Im Vordergrund stehen Lungenfunktion, Herz-Kreislauf-Belastbarkeit und die individuelle Eignung für den Maskeneinsatz.
Isocyanate und krebserzeugende Gefahrstoffe (früher G23 u. a.)
Pflichtvorsorge bei nachgewiesener oder wahrscheinlicher Exposition gegenüber krebserzeugenden oder hochgiftigen Stoffen. Der Betriebsarzt bietet eine gezielte Beratung zu Schutzmaßnahmen und führt – sofern sinnvoll – spezielle Laboruntersuchungen durch.
Infektionsgefährdung (früher G42)
Vorsorge bei Tätigkeiten mit Kontakt zu Infektionserregern – etwa in medizinischen Einrichtungen, Laboren, Abfallwirtschaft oder Tierhaltung. Ziel dieser Vorsorge ist es unter anderem, den Impfstatus zu prüfen, fehlende Impfungen – etwa gegen Hepatitis B – anzubieten und Beschäftigte über Hygienemaßnahmen und persönlichen Schutz zu beraten, um berufsbedingte Infektionskrankheiten frühzeitig zu verhindern.
Und was ist eigentlich mit der bekannten G25?
Die frühere G25 für Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten – etwa für Gabelstapler- oder Kranfahrer – war nie Teil der ArbMedVV. Sie ist eine Eignungsuntersuchung, keine Vorsorge.
Heute heißt sie offiziell E FSÜ (Eignung Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten) und wird von vielen Unternehmen aus Sicherheits- und Haftungsgründen weiterhin eingesetzt, etwa vor dem Einsatz von Flurförderzeugen. Wichtig: Diese Untersuchung prüft die Tauglichkeit, nicht die Vorsorge – ein rechtlicher Unterschied, den Unternehmen kennen sollten.
Was wir bei Gany.MED daraus machen
Wir Betriebsärztinnen und Betriebsärzte bei Gany.MED sehen die ArbMedVV slwie die neuen DGUV-Empfehlungen als Einladung, Arbeitsmedizin neu zu denken. In unserer täglichen Betreuung geht es längst nicht mehr um starre Untersuchungsprogramme.
Wir sitzen mit Führungskräften, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Beschäftigten an einem Tisch, analysieren die Gefährdungsbeurteilungen und gestalten Vorsorgeprozesse, die wirklich passen – von der lauten Produktionshalle über das Logistiklager bis zum Homeoffice.
Beratung steht immer an erster Stelle. Wir hören zu, besprechen Arbeitsabläufe, betrachten individuelle Belastungen und entscheiden dann gemeinsam, ob eine medizinische Untersuchung sinnvoll ist. Alles geschieht freiwillig, vertraulich und mit klarer Schweigepflicht. Nur so entsteht Vertrauen – und das ist die Basis für echte Prävention.
Humor am Rande
Manche langjährige Beschäftigte fragen noch heute: „Wann steht eigentlich wieder meine G 20 an?“ – als wäre sie ein TÜV-Termin fürs Personal. Unsere Antwort: „Es gibt jetzt etwas Besseres – eine betriebsärztliche Beratung, die Ihnen wirklich weiterhilft.“ Oft sorgt das für ein Schmunzeln, manchmal auch für erleichtertes Aufatmen.
Ihr nächster Schritt
Überprüfen Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung: Stehen dort vielleicht noch alte G-Bezeichnungen? Dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt für ein Update. Nutzen Sie dieArbMedVV sowie die aktuellen DGUV-Empfehlungen, um Vorsorgeprozesse klar und verständlich zu gestalten – am besten gemeinsam mit erfahrenen Betriebsärztinnen und Betriebsärzten.
Sprechen Sie jetzt mit den Betriebsärztinnen und Ärzten von Gany.MED.
Wir begleiten Ihr Unternehmen von der Gefährdungsbeurteilung bis zur modernen arbeitsmedizinischen Vorsorge – praxisnah, verständlich und immer vertraulich. So bleibt Ihr Team gesund und Ihr Betrieb zukunftsfähig.